Die Horrormeldungen kommen im Eimer

Großalarm am Häfler Stadtbahnhof: Bei einem Zugunglück sterben sechs Menschen, 20 werden schwer verletzt, 50000 Liter Kraftstoff laufen aus - freilich nur fiktiv und auf dem Papier.

(FRIEDRICHSHAFEN/sz) Mit der Stabsübung "Sommerwind 2009" haben Einsatzkräfte am Samstag ihre Schlagkraft getestet. Die Bilanz fiel positiv aus.

Das Szenario ist schnell beschrieben: Als der Regionalexpress REF4203 in den Häfler Bahnhof einfahren will, rauscht er auf einen abgestellten Güterzug. Eine Weiche war falsch gestellt. Die Folgen sind schrecklich: sechs Tote, 20 Schwerverletzte, zwölf Eingeklemmte. Durch den Aufprall sind 50000 Liter Kraftstoff ausgelaufen. Dass der Führungsstab an diesem Samstag vor große Herausforderungen gestellt wird, war von vornherein klar. Was die Einsatzkräfte jedoch konkret erwartet, blieb bis zur Alarmierung um kurz nach 7 Uhr im Dunklen.

Über mehrere Wochen hatten die Macher der Übung das Szenario ausgeklügelt, 244 Meldungen vorbereitet, um-diese dann von der Leitstelle der Flughafenfeuerwehr aus nach und nach einzustreuen, damit der Führungsstab der Rettungskräfte im Bodenseekreis im nur einen Steinwurf entfernten Konferenzraum reagieren und entscheiden konnte.

Eine unwirkliche Übung, bei der auch keine Einsatzkräfte ausrücken. Kein Blaulicht ist zu sehen, kein Martinshorn zu hören. Lediglich zwei Funkwagen von Feuerwehr und Deutschem Roten Kreuz (DRK) stehen unterhalb des Konferenzraumes der neuen Feuerwehrwache. Von dort aus lässt ein Bote die frisch eingegangenen Meldungen in einem Eimer am Strick hinunter.

Im Konferenzraum selbst ist die konzentrierte Anspannung zu spüren. Hier ziehen alle an einem Strang: von der Feuerwehr aus dem ganzen Kreis, über das DRK und das Technische Hilfswerk bis hin zu Vertretern der Bahn, des Landratsamts und der Notfallseelsorge.

"Im Ernstfall wird von hier aus auch schon der Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen organisiert", sagt Pressesprecher Christian Gorber vom Kreisfeuerwehrverband Bodenseekreis. "Eine vergleichbare Schadenslage hatten wir zuletzt beim Flugzeugabsturz bei Überlingen oder dem Sturm Lothar", macht Gorber die Dimension der Übung deutlich.

Nach sechs Stunden ist das Szenario vorbei, sämtliche Aufgaben abgearbeitet. Die Bilanz: "Grundsätzlich positiv", fasst Gorber zusammen. So habe sich die Kommunikation deutlich verbessert - dank eines zweiten Funkwagens, den das DRK stellte und entsprechend auch sämtliche Meldungen absetzte, die den medizinischen Bereich betrafen. Verbesserungsbedarf sieht Gorber beim Schichtwechsel des Personals. "Das gehen wir bei der nächsten Übung nochmals an."

Und es steht noch mehr auf dem Plan. So wolle man künftig nicht mit altem Kartenmaterial (zum Teil aus dem Internet) arbeiten, sondern mit aktuellen Luftbildern, "um die Realität besser abzubilden", wie Gorber sagt. Denkbar ist außer einer Luftaufnahme vom Hubschrauber aus auch eine Live-Übertragung per Webcam. Und noch eine Verbesserung steht für Gorber an: "Wenn es personell machbar ist, wollen wir noch den Funkwagen des THW einbinden." Jetzt hat der Führungsstab im Bodenseekreis erst mal seine Stabsübung "Sommerwind 2009" über die Bühne gebracht. Gorber: "Bei so vielen Nebenschauplätzen wie einem hinzukommenden Unwetter, einem Verkehrsunfall und einem Großbrand war die Übung fast zu knackig. Es ist eben doch was anderes, ein Szenario in sechs Stunden abzuarbeiten, das sich in der Realität an einem Tag abspielt. Grundsätzlich verlief die Übung aber positiv."

Quelle: www.szon.de (Erschienen: 27.07.2009) 


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